Fotografien von Edmund Clark, bis 29.5.2016
Machtsysteme und visuelle Geschichtsschreibung
Gewalt und Terror sind die Themen des englischen Fotografen Edmund Clark. Er spürt mit Hilfe eines Rechercheurs Orte auf, an denen Gewaltopfer festgehalten, inhaftiert, gefoltert oder gequält wurden. Seine Fotos zeigen allerdings nicht die Opfer selbst, das widerspricht seiner künstlerischen und hisorischen Ethik. Sie zeigen den Ort der Gewalt und des Terrors, manchmal schnappschußartig mit einer kleinen Digitalkamera festgehalten, manchmal streng komponiert und mit der Großbildkamera abgelichtet. Die Ausstellung „Terra Incognitus“ in Zephyr / Raum für Fotografie in Mannheim gibt darin thematisch in sieben Sektionen unterteilt mittels Fotos, Schriftstücke, Skizzen und Videos zeitzeugenhaft und dokumentarisch Einblick.
Edmud Clark verarbeitet das Gefundene in Serien. Er fasst zusammen, die einzelnen Fotos fügen sich wie Bausteine zum Gesamtbild zusammen. Einzeln wirken sie herausgelöst, erst als Serie und in den Kontext eingebettet entfalten sie ihre Wirkmacht. Das Schlichte ihrer Wirkung transportiert eine Botschaft: es passiert nicht nur in abgeschotteten und nicht zugänglichen Gefängnissen, sondern auch in aller Öffentlichkeit an frei zugänglichen bzw. angemieteten Orten. Das kann Guantánamo sein oder ein Hotelzimmer im Herzen unserer Zivilisation oder ein Control Order House in Großbritannien.
Gewalt und Terror werden somit fassbar, die Aussparung der Opfer in den Bildern ist ein Schutz ihrer Intimsphäre und Respekt vor ihrem erlittenen Schicksal. Der Historiker Edmund Clark nennt es visuelle Geschichtsschreibung, die Darstellung des Ortes, das Einbinden in den Kontext führen zum Bild hinter dem Bild. Das schließt auch die Ebene der Handlanger und Mittelsmänner mit ein, die den infrastrukturellen Boden für Gewalt und Terror bereiten. Das Profane als Sinnbild für die Allgegenwart ist ein Muster in Clarks Werken. Er schildert nicht die Auswirkungen der Einzelhaft, der Folter, der physischen und psychischen Belastungen, sondern er dokumentiert, wo es stattfindet.
Neben den Fotografien werden in Mannheim auch Videos und die installative Arbeit „The victory column of enduring freedom“ gezeigt. Eine Stacheldrahtrolle wird auf die Seite gelegt und bis zur Decke hochgezogen. Daraus ergibt sich die säulenartige Struktur, die in einem aus Kieselsteinen ausgelegten Quadrat errichtet ist. Nominell als Siegessäule ausgewiesen, besteht sie aus den Materialien wie sie zur Sicherung von Zäunen und zur Befestigung von Wegen verwendet werden. Die Säule nimmt Bezug auf die Operation Enduring Freedom, der ersten und einzigen militärischen Operation der USA gegen den Terrorismus.
Edmund Clark scheut sich auch nicht auf die illegalen Entführungen der Geheimdienste und die daran angeschlossenen Foltercamps zu verweisen. Er nähert sich dabei von verschiedenen Seiten, neben den Fotos sind es auch brisante Dokumente und Protokolle, die das dahinterstehende Machtsystem erkennen lassen, für das das Individuum nur mehr zur Informationsbeschaffung ausgequetscht werden darf.
ZEPHYR / Raum für Fotografie, C4,9 D-68159 Mannheim
Di-So 11-18 Uhr auch an Feiertagen
© für die Bilder: Edmund Clark