Zwischen Kunst und Wissenschaft
Interdisziplinäres im Museum Theo Kerg Schriesheim, bis 29.5.2016
Die aktuelle Ausstellung von Fritz Eicher und Hartmuth Schweizer im Museum Theo Kerg in Schriesheim ist eine Gratwanderung zwischen Naturwissenschaft und Kunst. Die beiden Künstler schaffen es, Objekte und Installationen aus organischen Fundstücken und eigens herangezogenen Kulturen künstlerisch zu nutzen. Es ist eine Erweiterung des Kunstbegriffs und eine Lehrstunde in Biologie, erhellend und ästhetisch zugleich. Es entsteht ein eigener Kosmos, tief verwurzelt in der Natur und ihren Wachstums- und Vergänglichkeitsprozessen. Was dort erschaffen wird, bildet die Grundlage für die Kunst von Eicher und Schweizer.
Zellteilung – von der Petrischale in die Glasvitrine
Es braucht Zeit, ganz gleich ob es das Wachstum einer herangezogenen Kultur von biolumineszenten Pilzen ist oder ob Schimmelpilze den Abbau und Zerfall organischer Strukturen betreiben – es ist der kontrollierte und kultivierte Zufall, das Sichtbarmachen von Mustern, Abläufen und Rückführungen. Es beginnt im Kleinen oder im Verborgenen, es geht Schritt um Schritt und arbeitet sich voran. Der Wachstumsprozeß und das Zerfallen als Grundlage bildnerischen Ausdrucks, beides wird als Bedeutungsträger ersonnen und in neue Ausdrucksformen übertragen.
Wachstum – Pflege, Anhäufung, Ordnung, Präsentation
Das Projekt bedarf der Pflege und der Aufarbeitung, um weiter zu wachsen oder um den Abbau weiterhin betreiben zu können. Die Anhäufung und scheinbare Ordung kennzeichnet das Chaos und die Muster von Zerfallsstrukturen, es läuft geordnet und unübersichtlich zugleich. Die Präsentationsform bringt es dann zum Betrachter, ordnet es für seine Erfahrungswelt und läßt ihn teilhaben an all den Wundern, die die Natur bereit hält. Alle biologischen Prozesse sind Teil der künstlerischen Handschrift.
Metamorphose – die Natur als formgebende Kraft
Die Übertragung dieser Prozesse in Kunst ist ein metamorphotischer Vorgang. Es ist auch eine Art Überhöhung, denn der Nichtverbleib im wissenschaftlichen Entstehungsumfeld ist der entscheidende Impuls. Erst die Überführung in den Bereich der Bildenden Kunst läßt aus Proben Kunstwerke entstehen. Es sind dann installierte Objekte, Konzeptkunst mit organischen Gebilden deren Präsenta-tionsformen eigens für die Objekte entwickelt und erschaffen werden. Für die Klanginstallation heimischer Kröten wird der Trichter selbst gedrechselt, die Algenreaktoren mit ihren mundgeblasenen Gefäßen leuchtend in Szene gesetzt und der Labortisch in mühevoller Kleinstarbeit in wissenschaftliche Ordnungsprinzipien übertragen. Das Maß der Unordnung steht dabei stellvertretend für die Komplexität der naturwissenschaftlichen Abläufe und Zusammenhänge. Es ist aber eine scheinbare Ordnung und genau hier ist ein Berührungspunkt zwischen Naturwissenschaft und Kunst. Das Wissen um die Abläufe von Wachstum und Vergehen und das künstlerische Gestalten und Darstellen eben dieser Abläufe und seiner Produkte verbinden sich in dieser Ausstellung.
http://www.hartmuthschweizer.de/
Museum Theo Kerg, Talstr. 52, 69198 Schriesheim
Mi 17-19 Uhr, Sa + So 14-17 Uhr und nach Vereinbarung