Abstract Loop, Wilhelm-Hack-Museum LU

Konkrete Optische Kinetische Kunst

Adrian – Kriesche – Philipp – Rockenschaub

Österreichische Positionen im Kontext

WHM LU, bis 23.10.2016

Die Reduktion auf geometrische Grundformen und auf die Primärfarben kennzeichnen die konkrete und die optische Kunst. Kreis-Rechteck-Quadrat und Gelb-Rot-Blau sind also die massgebenden Konstanten dieser in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts entstandenen Kunstrichtungen. Basierend auf den geometrischen Farbinteraktionen von Josef Albers, entwickelte sich in vielen Ländern Europas ganz ähnliche gestalterische Lösungen. In Österreich waren an dieser Entwicklung Marc Adrian (1930-2008), Richard Kriesche (Jg. 1940), Helga Philipp (1939-2002) und der eine Generation jüngere Gerwald Rockenschaub (Jg. 1952) beteiligt. In der Aufbruchsstimmung der Nachkriegsjahre kam es zu einer Radikalisierung der künstlerischen Ideen und zu einer Abkehr vom Figürlichen. In den Mittelpunkt rückten Phänomene der optischen Wahrnehmung und das bewußte Miteinbeziehen des Betrachters bzw. des sich verändernden Standpunkt des Betrachters. International sollte die Ausrichtung der neuen Bewegungen sein und von einem innovativen Eifer geprägt. Die Ausstellung Abstract Loop beschäftigt sich mit diesen Entwicklungen in der österreichischen Kunstszene, bindet sie in einen internationalen Kontext ein und dies gelingt ihr in beeindruckender und überzeugender Manier.

WHM LU
Blick in die Ausstellung

„Das Ziel der konkreten Kunst ist es, Gegenstände für den geistigen Gebrauch zu entwickeln.“ Max Bill, 1949

Der Boden, den es zu beackern galt, war steinig und trocken. Es bedurfte vieler Ausstellungen, einer guten internationalen Vernetzung und eines langen Atems, um Anerkennung und öffentliches Interesse zu erhalten. Welche Grundlagenarbeit zu leisten war, lässt sich am Beispiel der „Gruppe A ustria“ zeigen. Sie gründete sich 1967, Gründungsmitglieder waren unter anderem auch Kriesche und Philipp. Das Gründungs-Manifest hängt in der Ausstellung, deutlicher läßt sich nicht ausdrücken, wie einsam doch der gemeinsam zu beschreitende Weg war. Die Gruppe wurde gegründet, „um kund zu tun, dass es uns gibt, dass es uns in österreich gibt, dass es uns schon lange in österreich gibt.“ Der österreichischen Kritik galt es mitzuteilen, „dass es im ausland, ost+west, schon lange derartige tendenzen gibt, sie anerkannt und für kunstfähig und zukunftsträchtig erachtet werden.“ Abschließend hoffte die Gruppe, dass, „1. in österreich bekannt ist, dass es uns gibt. 2. im ausland bekannt ist, dass wir österreicher sind.“ Die internationale Ausrichtung war ein zentraler Faktor, im Paris der Nachkriegsjahre entwickelte sich Tachismus und Informel, solchen Kunstrichtungen wollten die konkrete und kinetische Kunst nacheifern. In ihnen fand man Vorbildern für den eigenen, neuen Weg. Wieder einmal bot Paris den Ausweg aus der Provinz.

„Ich finde, dass der Verstand und der Geist eines systematischen Forschens Intuition und individuellen Ausdruck ersetzen müssen.“ François Morellet, 1961

Dieser programmatische Satz von Morellet ist wie eine Verknappung des Konzepts, welches hinter der konkreten, optischen und kinetischen Kunst steht. Jeder sollte das schaffen können, was als Endprodukt zu sehen war, jederzeit und immer wieder. Die Reproduzierbarkeit wurde zu einem wichtigen Gedanken. Einfachheit, Wiederholbarkeit und der Rückgriff auf geometrische Formen gaben jedem Künstler das Handwerkszeug zur Schaffung eines konkreten, optischen oder kinetischen Kunstwerks an die Hand. Dieses Prinzip der Wiederholung, des zyklischen Arbeitens gibt der Ausstellung in Ludwigshafen ihren Titel: Abstract Loop. Das Individuelle, das schöpferische Ringen, die Suche nach dem Ausdruck und die Unverwechselbarkeit der künstlerischen Handschrift waren unerwünscht. Sogar Bildtitel gerieten in Vergessenheit, alles ordnete sich der gestalterischen Lösung unter. Versachlichung und Struktur waren wichtiger als Wertung oder psychologisierende Elemente.

 

„Kunst, die sich nicht mit der Bewegung und dem Bewegen befasst, ist einfach überflüssig.“ Marc Adrian, 1957

Bei den neuen Kunsttendenzen kam es zu einer Loslösung von der vorherrschenden Beziehung zwischen Künstler und Werk, bedeutender war nun die Beziehung zwischen Werk und Betrachter. Vor allem die aktive Rolle des Betrachters, des Rezipienten war für die Schaffung des Kunstwerks von äußerster Wichtigkeit. Das Werk war nur durch den Betrachter denkbar, konzipierbar und auf diesen hin ausgelegt und legitimiert, seinen Verstand galt es zu erreichen. Neben dieser Veränderung auf der Beziehungsebene Künstler-Werk-Betrachter war auch noch die Bezugsebene Raum-Zeit-Bewegung von den neuen Tendenzen betroffen. Auch vor den Bildern war, wie bei den Plastiken, der Raum vom Betrachter einzunehmen und aktiv zu erkunden. Die einkalkulierte Bewegung kostete Zeit, die Erfahrung des Bildes war demnach nicht nur visuell sondern auch räumlich-zeitlich zu durchleben. Ganz besonders lässt sich dies bei Werken der kinetischen Kunst beobachten, sie verändern sich durch eine immanente Bewegung, durch die Bewegung des Betrachters und durch beides zusammen. Das entsprach dem Kunstwollen der neuen Tendenzen, hier erschloss sich eine Kunstwelt des Kalküls und der rationellen Strukturen.

 

Wilhelm-Hack-Museum, Berliner Str. 23, 67059 Ludwigshafen

Di, Mi, Fr 11-18 Uhr, Do 11-20 Uhr, Sa, So, Feiertags 10-18 Uhr

www.wilhelmhack.museum

WHM LU
Blick in die Ausstellung

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