Kreisläufe – Wiederkehr – Bezüge
Die Kunst des kopierens
bis 2.7.2017
„Who’s afraid of red, yellow and blue“ heißen vier Gemälde aus den späten 60ern von Barnett Newman. Sein bildlicher Verweis auf Ikonen der Kunst, des Theaters und der Literatur könnte auch sinnbildlich für die aktuelle Ausstellung im Port25 stehen. „Supercopy – World Copy“ beschäftigt sich mit künstlerischen Strategien der Wiederholung, des Nachahmens und des Aufgreifens bereits vorhandener Ansätze. Das Bedienen aus dem Fundus der Kunst oder der Kunstgeschichte ist ein legitimer Ansatz, den ein Künstler beim Schaffen seiner Werke vorbehaltlos anwenden kann und darf. Im Rahmen einer Zusammenarbeit beim Festival Supercopy mit zeitraumexit zeigt „Supercopy – World copy“ verschiedene künstlerische Positionen, die sich mit diesem Phänomen versteckt oder offen beschäftigen. Ein Teil der Künstler wurde vom Madrassa Collective ausgewählt – einer international arbeitenden Kuratorengruppe – die Ausstellung gewinnt dadurch nicht nur eine internationale Komponente sondern auch eine interkulturelle Dimension.
Den Grundgedanken des Kopierens muss man verinnerlichen, alles was man in der Ausstellung sieht, gibt es eigentlich schon, bezieht sich auf etwas oder zitiert Vorhandenes. Nicht alles läßt sich aber schnell entschlüsseln bzw. identifizieren. Besonders die Kunstwerke, die einem anderen Kulturkreis entspringen, lassen sich nicht so leicht dem Leitgedanken der Ausstellung zuordnen. Hier besteht Erklärungsbedarf, was aber erstens geleistet wird und zweitens ja auch erstmal nichts schlecht sein muß. Wer sich nicht auskennt, braucht eine Erkärung und wer da keine Berührungsängste hat, der wird seinen kulturellen Horizont bei dieser Ausstellung ganz sicher erweitern.
„Supercopy – World Copy“ vereint verschiedene Medien: Malerei, Videokunst, Installationen, Fotografie, Zeichnung und Performance. In allen Bereichen finden sich Ansätze, die man kopieren und nachahmen kann. Es geht nicht um eine getreue Nachbildung, es geht um eine Weiterführung oder in einzelnen Werken um eine Weiterentwicklung bekannter und bestehender Elemente. Das muss man verstehen und akzeptieren, nicht alles kann immer wieder neu erfunden werden. Auch in der Bildenden Kunst setzt sich dieser Ansatz durch, denn schließlich lernt auch dort jeder von seinen Vorbildern. Zwei Kunstwerke sind vom Port25 selbst in die Ausstellung „kopiert“: die Wandarbeit von Roland Schappert im Treppenaufgang und ein Teil einer Installation von Skafte Kuhn auf dem Aufzugsschacht sind beides Relikte der vorherigen Ausstellung.
Der Portugiese Marcio Carvalho überdruckt Porträtfotos von Unbekannten, es sind Fundstücke, die auf Flohmärkten erworben wurden und ihnen beschreibt er graphische Muster aus traditionellen Keramikkacheln ein. Die Überlagerung verbindet unterschiedliche Ebenen, die so nie zueinander finden würden. Manches wirkt wie ein Tattoo anderen Bildern verleiht er eine zusätzliche Bildebene. Hadia Gana vollführte während der Vernissage eine Performance, sie stempelt mit der Sohle eines Flip-Flops unter ohrenbetäubendem Knall ein vorgefertigtes Blatt Papier. Sie tritt dabei in Interaktion mit einem Bittsteller, der wie ein Suchender auf einem Amt demütig ein zu stempelndes Dokument zu erhalten wünscht. Dieses wird ihm auch gegeben, allerdings nur zu den Bedingungen der Künstlerin. Ernst, abwartend, den Takt vorgebend, um dann schnell und hart zuzuschlagen. Es entsteht dabei eine Situation, die jeder kennt. Man will etwas von jemandem und ist froh, wenn man den Akt des Wartens, des Bittstellens hinter sich gebracht hat. Die Stühle und der Tisch, sowie das Stempelkissen und der FlipFlop-Stempel verbleiben als Installation in der Ausstellung.
Bei Guido Münch ist es nicht so subtil und versteckt. Er bekennt sich offen zu seinem Nachahmertum, was soll er auch anderes machen. Alles ist deutlich erkennbar und alles ist ein Zitat. Ganz gleich ob gemalt oder zusammengetragen und in der Vitrine zur Schau gestellt. Seine Welt kommt nicht ohne Kopieren aus, er wird sozusagen von seinen Motiven gefunden. Und das „Gefundene“ wird dann neu kombiniert, zusammengefügt und arrangiert. Frei, offen und ohne Scheu offenbart sich sein Fundus als modulares System, kombinier- und wiederholbar. Bei Ülkü Süngün sind es Gegenstände, die sie in türkischen Läden kauft und dann frei aber oft sehr symmetrisch aufbaut. Sie lässt in ihren Fotografien Scheingebilde erwachsen, funktionslos, oft bewusst angeordnet und auf sich selbst bezogen. Nur das einzelne Teil hat eine Funktion, das gesamte Gebilde ist ein kulturelles Konstrukt aus einer quietschfarbenen Konsumwelt einer anderen Kultur.
Die Zeichnungen von Andreas Hachulla entstehen direkt vor Ort am Handy. Mit einer frei verfügbaren App zeichnet er in angesagten Berliner Szeneclubs und außergewöhnlichen Eventorten. Oft darf dort nicht fotografiert werden und somit ist das Zeichnen die einzige Möglichkeit das Vergängliche bildhaft festzuhalten. Es ist spontan, es ist lichtdurchflutet und es ist ausschnitthaft. Die Größe und das Format des Bildschirms legen eine Begrenzung auf. Die Zeichnungen werden dann wie Fotografien als FineArt Prints hinter Acrylglas auf Alu-Dibond gedruckt, die Auflösung beschränkt aber die Bildgröße. Bei den größeren Formaten lassen sich dann schon die Pixel deutlich erkennen. Der flüchtige Duktus ist der Schnelligkeit des Erlebens geschuldet, nur in wenigen Fällen bleibt Zeit für Details und für Raumtiefe, es ist mehr ein digitaler Impressionismus, schnell, spontan und von Lichtstimmungen geprägt.
Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Hafenstr. 25-27, 68159 Mannheim
Di-So 12-18 Uhr, Do 12-21 Uhr