Jörg Baier, Adam Cmiel, Fritz Eicher, Margarete Lindau, Johannes Listewnik
bis 26.8.2018
Die Künstlernachlässe Mannheim initiieren dieses Jahr im Port25 – Raum für Gegenwartskunst eine künstlerische Bezugnahme auf Werke von Will Sohl (1906-1969). Seine Künstlerbücher sind Ausgangs- und Bezugspunkt für fünf ausgesuchte Positionen, die sich mit dieser Werkfacette von Sohl befassen. In den ausgestellten Arbeiten drängen sich nicht immer sofort sichtbare Anknüpfungspunkte zu Sohl auf, aber schließlich geht es ja nicht um Nachahmung oder Kopieren, sondern um die künstlerische Umsetzung einer gemeinsamen Ideenwelt in eigener Formensprache.
Als zentraler Raum im Raum ist im Obergeschoss eine Art Lesesaal eingerichtet, wo die besagten Künstlerbücher von Will Sohl in einer faksimilierten Ausgabe anzuschauen sind. Jährlich fertigte Sohl zum Jahresende ein Künstlerbuch an, es ist wie ein kalendarisches Fazit, ein alljährlicher Beleg seiner künstlerischen Produktivität und er übereignete es regelmäßig seiner Frau Ruth. In der gewählten Präsentationsform der Künstlerbücher im Leseraum wird in der Ausstellung „Artists Books Reloaded“ ganz bewußt für den Betrachter ein konzeptioneller Schritt nachvollziehbar, den auch alle 5 Künstler in ähnlicher Weise für diese Ausstellung durchlaufen haben.
Fast 80 Künstler sind dem Aufruf gefolgt und haben Werke zur Jurybegutachtung eingereicht. Die fünf ausgewählten Künstler, die nun im Port25 zu sehen sind, beleuchten aus unterschiedlichsten Blickwinkeln ähnliche Ausgangslagen. Jörg Baier fasziniert das Medium Künstlerbuch als entfaltbares Universum, als eine Art farbenprächtiges Leporello, das dem Betrachter beim Blättern sowohl zeitliche als auch erzählerische Stränge offenbart. Erzählen als komplexer Ablauf, der Bezug nimmt auf verschiedene Ebenen, der rückbezüglich und vorausschauend zugleich ist und der sich immer wieder neu erzählen und ordnen lässt.
Fritz Eicher taucht in Mikrokosmen ab, seine Welt aus Algen und Pilzen bildet ein ökologisches System ab. Konsequent nimmt er die Vorbilder der Natur und übersetzt sie in Oberflächenstrukturen für, Wände, Tische, Stühle und als transparente Buchseiten im Endlosformat. Es ist eine Vermischung aus Kunst und Wissenschaft, eine aus der wissenschaftlichen Forschung gespeiste Umsetzung von biologischem Kunstgut. Ein Begriffsystem aus einzelnen Stimmungen, Landschaftsformationen und meteorologischen ist der Ausgangspunkt für Margarete Lindaus Erinnerungslandschaften. Der Besucher sucht sich sechs Begriffe aus, die dann digital mittels Zufallsgenerator mit Bildelementen verknüpft werden und sich puzzleartig zusammensetzen. Die einzelnen Erinnerungsfragmente entstehen nicht aus einem bewußten künstlerischen Prozess heraus, sie werden sachlich-zufällig digital kombiniert, zusammengestückelt und zu einem Konglomerat verbunden. Endprodukt dieses Prozesses ist das individuelle Künstlerbuch, das sich jeder Besucher selbst ausdruckt, falzt, heftet und dann mit nach Hause nimmt.
Auch Johannes Listewnik hat für die Ausstellung ein Künstlerbuch geschaffen. Im Schablonendruckverfahren hat er auf opakem Papier 30 Risographien erstellt. Das Verfahren ermöglicht Spontaneität im Schaffensprozess, es ist ein aus Textfragmenten inspiriertes Werk, graphisch gestaltet mit malerischem Ausdruck. Einzelne Textseiten hängen in vielfacher Vergrößerung an der Wand, sie wirken dort vielmehr wie StreetArt-Graffitis und nicht so fragil wie in dem dichteren Format als Buch.
Ein kleiner begehbarer Lebensraum von Adam Cmiel bildet die fünfte und letzte Position. Sie ist ebenso vielschichtig wie kleinteilig, vieles erschließt sich erst aus nächster Nähe und einiges wird sicher übersehen werden. Die Landschaft ist als eine Reise durch den Wald, den Strand und das puppenkistenhafte Meer angelegt. Sie beinhaltet neben literarischen Elementen auch Geräusche, Gerüche und installativ angeordnete Elemente. Alles zusammen ergibt ein Bild seiner Novelle Cymru, die die Reise in ein künstlich erschaffenes Dorf zum Thema hat. Die versatzstückartige Anordnung und die sinnliche Erfassung setzen ein Bild des Ortes zusammen, das sich allerdings nicht an der Realität überprüfen lässt. Es ist und bleibt eine persönliche Erfahrung jedes einzelnen „Reisenden“.
Port25 – Raum für Gegenwartskunst, Hafenstr. 25-27, 68159 Mannheim
Mi-So 11-18 Uhr, Eintritt frei