Der Viernheimer Kunstverein zeigt derzeit in einer Einzelschau 38 Raum- und Wandobjekte des Mannheimer Künstlers Tom Feritsch. Es ist eine Werksschau, die Feritschs Schaffensperiode der vergangenen 25 Jahre eindrücklich zusammenfasst.
Die skulpturalen Installationen aus zumeist Terakotta und Eisen strahlen durch Farbe, Form und Materialität eine archaische, urtümliche Kraft aus. So wirken sie zunächst vordergründig hart und brachial. Auf den zweiten Blick jedoch ist erkennbar, dass Feritsch den klaren, konkreten Formen beinahe immer auch etwas Brüchiges, Fragiles einverleibt. Beispielsweise indem er Tonstreifen zu einem dreidimensionalen Gitterobjekt zusammensetzt oder dreidimensionale Terrakotta-Kuben auf ihre Kanten reduziert und leicht verformt. Auf diese Weise findet auch das Weiche, Fragile Einzug in seine Ausarbeitung mit dem Ziel, wie einst die Architekten der Gotik, durch Wegnahme von Material und dem Aufbrechen der Form zu einer offenen, transparenten Raum-Komposition zu gelangen.
Architektonische Grundzüge kommen in Feritschs Arbeiten sicher nicht zufällig ins Spiel. Ein zylindrisches Terrakottaobjekt mit zahlreichen auskragenden Öffnungen, als habe er durch den Korpus hülsenartige Stangen geschoben, darf durchaus an die Lehmbauhütten der Dogon in Mali in Westafrika erinnern. Andere Objekte wiederum muten an wie religiöse Artefakte einer Ausgrabungsstätte.
Aber Feritsch ist nicht nur von der Form im Raum getrieben, sondern auch von der Verbindung von Materialien, die erst Mal nicht zusammengehören. Um Ton und Eisen miteinander durchdringen oder sich überlagern zu lassen, musste Feritsch auch der technischen Herausforderung standhalten. Nicht nur dass er auf den Schrottplätzen der Republik zu Hause ist und Materialien beschafft, die längst von der Zeit gezeichnet sind. Auch der Ton, den er bearbeitet, wirkt in seiner Beschaffenheit als sei er hunderte von Jahren alt. Und es gelingt ihm, diese grundverschiedenen Materalien so miteinander zu verbinden, dass der Betrachter zunächst nicht immer sofort erkennen kann, was Metall und was Terrakotta ist – Eisen und Ton beginnen sich durch Zeit und Bearbeitungsschritte in Farbe und Struktur zu ähneln. Korrodiertes Metall und rot-schwarzer gebrannter Ton sind in Feritschs Arbeiten häufig nur noch haptisch unterscheidbar.
In Viernheim zu sehen sind auch große, raumfüllende Bodenarbeiten, hauptsächlich aus Eisen. Im Gegensatz zu zahlreichen Wandarbeiten oder den Werken, in denen Anklänge an Kunst und Architektur afrikanischer Kulturen zu finden sind, sind Feritschs freistehende Arbeiten viel mehr der konstruktiven, konkreten Kunst nahe. Blockartige, geometrische Formen, die jegliche Anlehnung an die Natur versagen und die vollkommen ohne Symbolik oder Deutungsmöglichkeiten auskommen wollen. Das Schöne: Feritsch hält sich nicht in aller Strenge an die Prinzipien der konkreten Kunst. In der Röteldraht-Installation beschreibt der Titel zwar ganz sachlich das verwendete Material, der Betrachter kommt allerdings nicht an dem Bild besenartiger Objekte vorbei. Und die Installation „Gerädert“ – Feritschs aktuellstes Werk – folgt dagegen formal der konkreten Kunst, der Titel aber lässt durchaus Deutungen und Vorstellungen zu.
Die Ausstellung ist noch zu sehen bis zum 23.03.2019
Wo: Kunstverein Viernheim | Kunsthaus Viernheim
Rathausstr. 36, 68519 Viernheim
Tel. 06204 6080369 oder 0621 4549080
Öffnungszeiten: Do. u. Fr. 15:00 – 18:00 Uhr | Sa. 10:00 – 13:00 Uhr
weitere Infos auch unter:
http://www.tomferitsch.com/
https://kunstverein-viernheim.de/