Haus-Rucker-Co: Städtisches Werkzeug, Mannheimer Kunstverein

Architektur, Kunst und Utopien

bis 12.5.2019

Im Jahr 1967 gründete sich die Architekten- und Künstlergruppe Haus-Rucker-Co in Wien. Das Überschreiten von Gattungsgrenzen war ein konstitutionelles Merkmal dieser Gruppe, ganz bewußt verfolgte man verschiedene Ansätze und Utopien. Auch temporäre Projekte an gezielt ausgewählten Orten ließen in den Städten immer wieder an ausgesuchten Stellen Werke dieser Gruppe entstehen. Der gewollt andere Zugang, die Dinge durch eine eigene Sichtweise zu hinterfragen, gewohnte Wahrnehmungsweisen über Bord zu werfen und auch besondere Orte und Plätze für den Standort der Arbeiten auszuwählen, charakterisiert den künstlerischen Ansatz von Haus-Rucker-Co. Nicht die schönen und sehenswerten Orte waren von Interesse, sondern eher die besonderen und lohnenden.

Eigens für die Ausstellung in Mannheim wurde der „Diffuser“ gebaut, eine Art Raum im Raum. Aus Rettungsfolie ist ein runder Raum geschaffen worden, der nach oben hin abgeschlossen ist. Die Konstruktion ist an der Decke aufgehängt,  die Wandfläche reicht nicht ganz bis zum Boden. Der Raum ist durch die etwa 1 Meter hohe Lücke begehbar und mit Hilfe der Sitzkissen auf dem Boden lädt er auch zum Verweilen ein. Außen silber und innen gold mit runden Einschnitten in der Folie, die je nach Standort Ein- und Ausblicke zulassen und die durchsichtig-transparente Folie erzeugen einen eigenwilligen Raumeindruck. Außen und Innen gibt es eigentlich nicht, die Durchlässigkeit und die Leichtigkeit der Konstruktion erschaffen eher ein offenes Raumerlebnis als einen wirklichen, umgrenzten Raum.

In der Ausstellung „Städtisches Werkzeug“ im Mannheimer Kunstverein sind viele Modelle und Zeichnungen zu den Projekten der Gruppe zu sehen. Vieles blieb leider unrealisiert und man würde sich wünschen, die Umsetzung hätte stattgefunden. Dann könnte man heute noch überprüfen, inwieweit sich diese immer noch modernen Modelle im urbanen Umfeld behauptet hätten. In Kassel kann man genau dies tun, hier wurde für die Documenta 6 im Jahr 1977 der „Rahmenbau“ aufgestellt. Ein quadratischer Rahmen mit 13 Meter langen Kanten, er fasst die Landschaft der Karlsaue ein und wurde von der Stadt Kassel übernommen. Der Durchblick wird zum Ausblick und rahmt das Gesehene ein. Es ist mehr als ein Fenster oder Ausschnitt, denn er überschreitet ja die Grenzen des Rahmens. Es ist eine Akzentsetzung, eine Betonung und bei einigen Modellen sogar ein utopistisches Prinzip, wobei sich diese Herangehensweise bei fast allen Arbeiten von Haus-Rucker-Co findet.

Bereits 1992 löste sich die Gruppe auf, die 25 Jahre gemeinsamen Schaffens haben Spuren hinterlassen: diesen kann man im Mannheimer Kunstverein nachspüren. Jeder einzelne ist den Weg für sich selbst als Architekt oder Künstler weiter gegangen und man verlässt die Ausstellung mit der spannenden Frage: Ja wie denn eigentlich: ganz ähnlich oder ganz anders?

www.mannheimer-kunstverein.de

Kunstverein Mannheim. Augustaanlage 58, 68165 Mannheim

Di, Do-So 12-17 Uhr, Mi 14-19 Uhr

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