Zwischen Abbild und Wirklichkeit, bis 12.6.2016
Farbmalerei vereint mit schwarz-weiß-Fotografie
Die Galerie Zulauf zeigt erstmals eine gemeinsame Ausstellung der Malerin Claudia Tebben und des People-Fotografen Oliver Mark – beide geboren im Ruhrgebiet in der Mitte der 60er Jahre. Entstanden ist die Idee während eines Fototermins im Atelier der Künstlerin. Umgesetzt wurde sie jetzt in der Galerie Zulauf in Freinsheim, die Claudia Tebben schon seit einigen Jahren vertritt. Entstanden ist ein berührender Kontrapost. Die Malerei Tebbens ist wild und kraftvoll – die Fotografie Marks still und tiefgehend.
Claudia Tebben – Farbe als bildnerisches Instrument
Wie bei den bekannten deutschen Künstlern des Informel der 50er Jahre bestimmen auch bei Claudia Tebben die intuitiv und autonom eingesetzten Farben die Bildgestaltung. Das Ergebnis sind kraftvolle Farblandschaften in starker Naturhaftigkeit. So intuitiv und lebhaft die Arbeiten entstehen, so entfalten sie auch ihre Wirkung auf den Betrachter – unmittelbar. Dieser findet mit Hilfe seiner persönlichen Naturerfahrungen selbst erlebte Naturräume wieder: eine Steppe, eine Berglandschaft, ein Unterwasserstrudel. Und das kann kein Zufall sein. Die Künstlerin lässt uns nicht in die Lieblichkeit einer Sommerwiese, gesprenkelt mit rotem Klatschmohn, eintauchen, sondern erschafft über den Malprozess eine Natur wie sie gewesen sein könnte, lange bevor der Mensch sie sich in Teilen einverleibt hat. Sie zeigt Unberührtheit, Wildheit und damit auch das, was Angst machen kann.
Dies gelingt Claudia Tebben nicht nur auf großen Formaten, sondern auch auf den kleineren und in ihren Papierarbeiten. Alle ihre Farben mischt sie selbst aus einem großen Bestand an Pigmenten an. Und diese bringt sie in unterschiedlicher Verdünnung auf den Malgrund. Die teilweise dick aufgetragenen Pigmentklumpen schaffen verkrustete, schwere Oberflächen. Lasierende Partien und aufgesetzte Zeichnungen in Kreide oder Grafitstift dagegen bringen Luftigkeit und einen Zauber in die Landschaft. Auch ihre Farbwelt orientiert sich nah an der Natur. Dominieren in den Arbeiten vor zehn Jahren noch überwiegend Ocker- und dunklere Erdtöne, leuchten die neueren Arbeiten in vitalen Rot-, Blau- und Grüntönen.
Claudia Tebben, Jahrgang 66, hat an der Folkwangschule Essen Malerei, Zeichnung und Typografie studiert und ihren Abschluss als Diplom Kommunikationsdesignerin gemacht. Sie lebt und arbeitet in Herten.
Oliver Mark – Porträtfotografie
Oliver Mark hat unzählige Persönlichkeiten vor seiner Kamera gehabt – Künstler, Architekten, Schriftsteller, Schauspieler, TV-Stars, Designer, Musiker und Politiker. Er hat den Papst fotografiert und die Bundeskanzlerin, die Maler Emil Schumacher und Georg Baselitz, und die Schauspieler Will Smith und Anthony Hopkins. Internationale Bekanntheit erlangte er vor allem mit den Porträts von Hopkins und Jerry Lewis.
Dompteur des Augenblicks
In der Galerie Zulauf sind inszenierte Porträts unter anderem von Via Lewandowsky, Will Smith, Markus Lüpertz, Emil Schumacher, Katharina Grosse und Moritz Bleibtreu zu sehen. Jedes einzelne Foto strahlt eine sehr persönliche und eigenwillige Aura aus. Oliver Mark scheint zu der Spezies Fotograf zu gehören, die im Foto das festzuhalten vermögen, was eigentlich tief verborgen liegt. Ganz gleich ob das eine Facette der jeweiligen Persönlichkeit ist oder ein großer emotionaler Moment – die Art der Inszenierung macht es sichtbar. Und dieser Moment ist eingefangen, festgehalten und nimmt auch den Betrachter gefangen.
Kein Trick – nur Zauber
Wie ihm das gelingt wurde er mal gefragt. Seine Antwort: „Absolute Offenheit und der Wille jeden Tag das noch nie dagewesene Bild zu machen.“ Mark gelingt es das Innere nach außen zu kehren, ohne zu demontieren. Er setzt das fotografisch um, was auch die Porträtbildhauerei oder Porträtmalerei will: Einen starken Ausdruck der Persönlichkeit festzuhalten. Das Porträt des Künstlers Via Lewandowsky beispielsweise berührt sehr. Levandowsky blickt am Betrachter vorbei ins Leere, aus einem Auge rollt eine Träne. Was der Betrachter vermutlich nicht weiß. Der Abgebildete hat im Alter von 3 Jahren ein Auge verloren. Die extreme Nahsicht zwingt uns, diese Trauer über den Verlust der Unversehrtheit an uns heran zu lassen.
Auch die Porträts von Will Smith und Idris Elba sind wunderbare Beispiele für eine Inszenierung, die ungewöhnliche Wirkungen hervorbringt. Beide sind Schauspieler und beide nimmt man in der Öffentlichkeit eher temperamentvoll und dominant wahr. Mark löst sie aus ihrem international bekannten Habitus und der damit verbundenen Rolle heraus und zeigt sie dem Betrachter in einem Moment der Schutzlosigkeit – beide haben die Augen geschlossen. Smith umarmt ein Kissen, als liege er im Bett, obgleich die Aufnahme eher im Stehen entstanden zu sein scheint. Das Insichgekehrtsein, die intime, sehr private Geste des „Ruhens“ verstärkt sich vor dem komplett schwarzen Hintergrund. Auch von Idris Elba zeigt uns der Fotograf eine sensible, einfühlsame Aufnahme. Der Betrachter blickt in das Gesicht des Schauspielers, der Wirklichkeit entrückt , so als lausche dieser einer überirdischen Musik.
Oliver Mark fotografiert seit er acht Jahre alt ist. Von 1986 bis 1988 machte eine Ausbildung zum Fotografen. Anschließend arbeitete er als Fotoassistent u. a. in den Burda Studios Offenburg. Nach einer Festanstellung als Fotograf in einem Nürnberger Werbestudio machte Mark sich 1997 selbstständig und arbeitet seither als freier Fotograf in Berlin.
Galerie Zulauf, Gottfried-Weber-Haus, 67251 Freinsheim
Mi-Fr 14.00-18.30 Uhr, So 11-18 Uhr