Schachten+Ackern Peripherie III, Strümpfe Jungbusch

Performative Raum-Installation, bis 26.6.2016

Schachten+Ackern mit Peripherie III

Das Performance-Duo Schachten+Ackern setzt sich in seiner Reihe „Peripherie“ auf künstlerisch-performative Weise mit dem Prozess des Vergehens auseinander. Gestartet wurde die Reihe unter dem Titel „Peripherie I – Metamorphose“ Ende 2015 im Belgischen Haus in Köln. Peripherie II – Lafayette verorteten die beiden in der Ruhrorter-National-Galerie in Duisburg. In der Galerie Strümpfe im Mannheimer Jungbusch ist derzeit die dritte Rauminstallation zu begehen.

Strümpfe Jungbusch
Blick in die Ausstellung

Ein Ort in Bewegung – vom Nichts zum Sein – zum Nichts?

Bevor man die Galerie betritt, wird man bereits vor dem Schaufenster aufgehalten. Auf Bauch-nabelhöhe ist ein schuhkartongroßes Guckloch in die Milchglas-Folie der Scheibe geschnitten. In diesem Ausschnitt entdeckt man eine mit Blumenerde aufgefüllte Auslage auf der zwischen Gurken- und Möhrenscheiben eine Grillenkolonie lebt. Am Abend der Vernissage steht man nach dem Öffnen der Tür mitten drin im perfomativen Geschehen und damit vor einem duschkabinenähnlichen Raum, ummantelt von einer milchigen, glatten Folie. Im Innern erkennt man die Konturen der Performance-Künstlerin Barbara Schachtner in embryonaler Haltung auf dem Boden kauernd.

Strümpfe Jungbusch
Performance
Strümpfe Mannheim
Lammherz auf Metallspänen

In einer weiteren Fensterauslage liegt ein Knäuel Metallspäne mit der Anmutung eines monströsen Wurmhaufens. Obenauf thront ein tiefgefrorenes rosa Lammherz. An einer Wand hängt eine Styroporplatte, zerfressen von Löchern, die mit dunklem Leim präpariert sind. Auch hier drängt sich die Wahrnehmung von Zerfall und Verwesung  auf. Daneben werden die bewegten Köpfe der Künstler übergroß auf die dunkle Wand projiziert, in mimischer Verzerrung Zigarette rauchend. Auf der gegenüberliegenden Wand sind schwarz lackierte Schaufensterpuppenhände an der Wand verschraubt. Sie strecken sich dem Betrachter entgegen. Jede Hand hält ein Objekt: ein toter Vogel, ein Stück verbranntes Holz oder ein vertrockneter Pflanzenrest. Nicht alles ist auf den ersten Blick identifizierbar. In der Ecke des ersten Raumes dann ein Becken im Boden. Darin Norbert van Ackerens Farbexperiment – zusammengemischte Farben, Mineralien und Chemikalien, die sich verbinden, auflösen, zersetzen, sich umwandeln und auskristallisieren. Im nächsten Raum sind drei Porträts von Norbert van Ackeren zu sehen – die schrillen Neonfarben der Hintergründe leuchten vor der dunklen Wand. An einer weiteren Wand steht eine Reihe von Fläschchen, gefüllt mit Rheinwasser, in denen organische Substanzen schwimmen. Diese wurden dem Rhein aus bestimmten Kilometerabschnitten zwischen Köln, Duisburg und Mannheim entnommen. Wieder im vorderen Raum sieht man die Künstlerin eingepackt in einen hautfarbenen Ganzkörperanzug die sie umgebende künstliche Haut mit einem weißen Stift beschreiben. In den Zeilen geht es um die  pathologische Schutzfunktion der Haut und darum, dass die Haut verbirgt, was unter ihr passiert: das Arbeiten der Organe, der Muskeln, des Blutes und der Seele.  Der Raum wird erfüllt vom Ton eines schlagenden Herzens. Im Hintergrund hört man die Grillen zirpen.

Strümpfe Jungbusch
Grillenkolonie
Strümpfe Jungbusch
Rheinwasser

Das inszenierte Verschwinden

Das Thema Vergänglichkeit ist seit jeher fest in der Tradition der Bildenden Kunst verankert. Wie in einem Automatismus setzt sich nahezu jeder Künstler mit dem Werden, dem Sein und dem Sterben künstlerisch auseinander. Gerade in der Malerei haben sich zahlreiche Chiffren und Symbole entwickelt.

Strümpfe Mannheim
Fundstücke aus dem Jungbusch

In ihrer performativen, quasi raumbelebenden Auseinandersetzung mit dem großen Thema gehen Schachten+Ackern ihren ganz eigenen Weg. Ein zentrales Motiv ihrer Kreativität speist sich aus dem bereits Vorhandenen. Alle inszenierten Objekte waren schon da in dieser Welt, es sind Fundstücke aus dem Stadtteil Jungbusch – alles, mit Ausnahme des Stahlwollknäuels, wurde hier zusammengesucht. Nichts wurde neu erschaffen. Damit machen die beiden deutlich, was sie zeigen wollen. Der Prozess des Vergehens ist immer da und damit Kunst genug. Die Welt ist voll davon. Sie braucht keine weitere Produktionen, die später dann in Archiven schlummern. Der Prozess des Vergehens im Raum ist intensiv – das was das Duo zeigt, bewegt den Geist, spült Fragen hoch, lässt den darin eintauchenden Besucher die Vergänglichkeit erspüren.

Strümpfe Jungbusch
Malerei

Künstler-Duo SCHACHTEN+ACKERN besteht aus der Sängerin und  Performancekünstlerin Barbara Schachtner (Köln) und dem Maler Norbert van Ackeren.

Strümpfe – the supper artclub, Jungbuschstr. 3, 68159 Mannheim

Mi-Do 14-19 Uhr, Fr 20-02 Uhr

www.struempfe-jungbusch.de

© für die Bilder: Eric Carstensen, Uli Weise

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