Dictators – eine Intervention
Ten Gallery – bis 17.06.2016
Widerstand auf 30 Quadratmetern
Die derzeit wohl politisch aktuellste Ausstellung in Mannheim ist in der Ten Gallery zu sehen – Dictators eine Intervention – ein absolutes Muss für jeden freidenkenden Menschen.
Klein aber fein ist die Ausstellung. Der Ten Gallery gelingt es die Werke von fünf Künstlern bzw. Künstlerduos auf 30 m2 zu zeigen, ohne Enge aufkommen zu lassen. Alle beschäftigt ausnahmslos das gleiche Thema: Diktatoren. Das bedeutete für die Künstler eine Auseinandersetzung mit Folter, Angst, Freiheitsentzug, Kontrolle, Tod und Größenwahn. Jeder Künstler findet seinen ganz eigenen Zugang, eigene Interpretationen vom Antrieb dieser Männer, monströs sein zu wollen. Und sie finden einen eigenen Weg ihren Widerstand gegen das Monströse auszudrücken.
Zarte Zeichnungen entblößen Bösartiges
Maria Kropfitsch zeigt vier helle Aquarellzeichnungen auf schwarzem Karton. Hitlers Kopf und Hände – beide in mimisch-gestischen Zusammenspiel – lumineszieren aus der dunklen Fläche heraus und scheinen sich beinahe im leeren Raum zu verlieren. Das Auftauchen und Versinken im Dunkeln wirkt gespenstisch, wie haltlos agieren Kopf und Hände auf dunklem Grund. Die Wirkung ist enorm: Es entstehen isolierte Zerrbilder eines bösen Geistes, der einsamer und mitleiderregender nicht sein kann.
Die antinationalistische Malerei des Filip B Antonijevic
In den beiden Schaufenstern der Galerie hängen die schwarzen Silhouetten von Hitler und Kim Jong-Un mit rosafarbenen Klecksen da, wo die Geschlechtsteile liegen. Diese Doppelbilder des Künstlers Filip B Antonijevic sind in ihrer plakativen Zweifarbigkeit und Formensprache der deutlich winkende und zwinkernde Zaunpfahl der Ausstellung. Durch seine Methode der Reduzierung sollen der Schrecken und die Furcht, die von diesen Diktatoren ausgehen gemildert werden und den Widerstand regen. „Rafft euch! Erhebt euch! Erwachet, und öffnet eure schlaftrunkenen Lider! Nach Innen sollt ihr sehen, um eine Vorstellung des Außens entwickeln zu können“, so der Künstler auf seiner Website.
Hitler wird zur Merchandising-Witzfigur
Das Künstlerduo Alex Knüttel und Maren Kaun hat die Mitte des Raumes zur Promotion-Fläche erhoben und in ihr ein skurriles Arrangement aus Kunstrasenpodest mit Hoppelhase und Fliegenpilz vor einer Alpenkulisse aufgebaut. Mittendrauf die „Verkaufsschlager“ Hitler-Bart und Hitler-Haare. „Schmeck den Führer“ steht auf der einen Tüte – auf der anderen „Ein Bart, Ein Volk, ein Führer“. Die postnationalsozialistische Umsetzung einer „perversen“ Merchandising-Idee lässt uns durchaus kurz zusammenzucken, weil diese Form des Marketings heute so alltäglich ist. Umso mehr ist diese Inszenierung des Lächerlichen einfach frech, frei und mutig.
„Verführer“ unter der Decke
Vom urban artist 4th RAIK aus Berlin sind drei Schablonenarbeiten zu sehen: Erdogan, Trump, Hitler – jeder in einen zu ihm passenden Bilderrahmen gesetzt. Erdogan in goldenem Prunkrahmen fliegt als Lügenbaron Münchhausen auf seiner Kanonenkugel direkt auf den Betrachter zu, Trump in selbstverliebter amerikanischer Pose in weißem Barockrahmen weist mit erhobenem Zeigefinger auf ein „love me“ hin und Hitler steht schwarz gerahmt in bekannter Haltung mit überkreuzten Armen am unteren Bildrand – darüber prangt der Ausstellungstitel, anstelle des „o“ ein Herz. Über den Dreien an der Raumdecke hängen silberne mit Helium gefüllte Buchstabenballons, die das Wort „Verführer“ bilden. Ähnlich wie Antonijevic geht es 4th RAIK darum mit seiner Kunst Despoten zu entmystifizieren und im öffentlichen Raum aufzurütteln. In Erweiterung der Ausstellung hat er in Mannheim an sechs verschiedenen Orten weitere Hitler-Piktogramme installiert. In Facebook postete er einen vielzitierten Satz, der sinngemäß Edmund Burke zugeschrieben wird: „Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun“.
General Eclectic
Für eine Videoinstallation zum Ausstellungsthema haben sich Thorsten Leidert, Producer, im Bereich Video und Animation und der Musiker Markus Sprengler zusammengetan. Entstanden ist einen Film, der den nordkoreanischen Diktator Kim Jong-Un ins „rechte Licht“ rückt. Die propagandistische Bildsprache des Regimes scheint für den Westen so leicht durchschaubar und doch wird der Despot nicht müde uns immer wieder mit immer gleichen Bildern zu überspülen: Kim im Kampfjet, Kim bei einer Militärparade, Kim am Schreibtisch. Auf diese Weise gelingt das, was auch die Ausstellung will: Dem Bösen den Spiegel vorhalten – so wird auch Kim Jong-Un mit seinen eigenen Bildern geschlagen.
4th RAIK www.force-raik.com
FILIP ANTONIJEVIC www.antonijevic.de
ALEX KNÜTTEL www.facebook.com/misterquickmark
MAREN KAUN
MARIA KROPFITSCH www.mariakropfitsch.com
THORSTEN LEIDERT www.pva-services.de
MARKUS SPRENGLER www.sprengler.com
Ten Gallery, T6,10 D-68161 Mannheim
Mi-Sa 15-20 Uhr